Das Bundesfernstraßenmautgesetz mit der Mauterhöhung ist beschlossen. Obwohl unsere Verbände hervorragende Arbeit geleistet und alle relevanten Argumente vorgetragen haben, konnten sie die Regierung nicht davon überzeugen, zumindest den Zeitpunkt der Gesetzesänderung zu verschieben. Als Prokurist der Stückgutkooperation Online Systemlogistik und jemand, der die Branche seit über 30 Jahren kennt, weiß ich, dass dieser Beschluss in der aktuellen Situation viele sprachlos macht.
Denn wie soll das funktionieren? Niedrige Gewinnmargen sind bei Transport und Logistik ohnehin die Regel, Preiskämpfe und Wettbewerbsdruck gehören zum täglichen Geschäft. Der DSLV-Kostenindex verzeichnet im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 11,3 Prozent Kostensteigerungen im Stückgutsegment: Gestiegen sind vor allem die Flächen- und Energiekosten für Logistikimmobilien, die Ausgaben für IT-Sicherheit und Cyber-Abwehr sowie für Versicherung und, erneut, für Personal. Hinzu kommen Investitionen für die Umrüstung auf klimafreundliche Flotten und Logistikanlagen.
Die jährliche Mehrbelastung von etwa 7,6 Mrd. Euro durch die neue CO2-Maut trifft insbesondere die mittelständisch geprägten Unternehmen, die sich in Stückgutnetzwerken wie ONLINE Systemlogistik zusammengeschlossen haben.
An der 83%igen Mauterhöhung selbst können wir nichts ändern. Doch wir können unsere Systempartner zumindest möglichst gut vorbereiten. Schon im Frühjahr, kurz nach Bekanntwerden der geplanten Mautsätze, setzten wir uns in unserem „Arbeitskreis Controlling“ intensiv mit der Gesetzesänderung und den Auswirkungen für unser Netzwerk auseinander. Im Sommer haben wir unseren aktuell 96 Partnern alle relevanten Informationen zu den Mautzuschlägen in unserem System zur Verfügung gestellt. Zudem initiierten wir eine Bestandsaufnahme über die Fahrzeugflotten unserer Partner, um die neuen Berechnungsgrundlagen auf die bestehenden Lkw anzuwenden. Seit zwei Monaten simulieren wir auf den Abrechnungsbelegen für unsere Partner die streckenbezogenen Hauptlaufkosten mit den neuen Mautsätzen. Somit schaffen wir für jeden Einzelnen rechtzeitig maximale Transparenz darüber, wie sich die künftigen Veränderungen auswirken werden.
Unerlässlich bleibt der intensive Austausch mit den Marktbegleitern. ONLINE Systemlogistik engagiert sich seit Jahren in den Arbeitskreisen „Stückgutnetze“ und „Kostenindex Sammelgutspedition“ des DSLV. Aufgrund der angespannten Kostensituation gehen die Branchenverbände davon aus, dass Logistiker die vom Staat geforderte Mauterhöhung wie zuvor an ihre Kunden weitergeben müssen, um wirtschaftlich zu überleben. So wird die Mauterhöhung letztendlich beim Endverbraucher ankommen. Fast alles, was Haushalte konsumieren, war vorher in einem Lkw auf einer deutschen Autobahn und Bundesstraße unterwegs. Für eine durchschnittliche vierköpfige Familie bedeutet die Mauterhöhung nach Schätzung der Branchenverbände eine Mehrbelastung von rund 400 Euro pro Jahr.
Mit meiner kritischen Einschätzung stehe ich nicht allein da. DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster bringt die Situation auf den Punkt: „Mit der milliardenschweren Anlastung eines sehr hohen C02-Preises für den Straßengüterverkehr soll der Speditions- und Transportsektor in emissionsfreie Alternativen gelenkt werden. Doch diese Alternativen müssen erst noch geschaffen werden. Das Dritte Mautänderungsgesetz kommt in einer wirtschaftlich schwierigen Phase und viel zu früh. Die Lkw-Maut wird schon zum 1. Dezember 2023 nahezu verdoppelt, aber sie erzielt keinen positiven Klimaeffekt. Wirtschaft und Verbraucher werden vor allem stark steigende Transportpreise spüren. Klimapolitisch macht die Bundesregierung mit dem Gesetz den zweiten Schritt vor dem ersten. Jetzt muss sie wenigstens dafür sorgen, dass die Antriebswende im Straßengüterverkehr mit den Mautmehreinnahmen in Höhe von 7,62 Milliarden Euro nachhaltig gefördert wird.“ (Quelle: https://www.dslv.org/de/aktuelles/meldung/genehmigungsbeschleunigung-kommt-zu-spaet-co2-maut-kommt-zu-frueh)